Zum Inhalt [I]
Zur Navigation [N]
Kontakt [C] Aktuelles [2] Suchfunktion [4]
Kabul 2.JPG

Wann endlich beginnt eine ernsthafte Debatte?

12. Dez 2012

Fragen von pax christi-Präsident Bischof Heinz Josef Algermissen, Fulda, an Parlament und Bundesregierung zur bevorstehenden Verlängerung des Mandats in Afghanistan.

Kurz vor Weihnachten fordert die Bundesregierung den Deutschen Bundestag auf, erneut der fortgesetzten Beteiligung deutscher Soldatinnen und Soldaten am Krieg in Afghanistan zuzustimmen.

In diesem Kontext bitte ich das Parlament und die Bundesregierung um Antwort auf folgende Fragen:

Wann beendet die Bundesregierung ihren militärischen Einsatz in Afghanistan definitiv?

Die Besetzung des Landes durch die Truppen der internationalen Allianz hat statt der Befriedung und Versöhnung der innerafghanischen Konflikte die Verhärtung bestehender Interessengegensätze und die Bewaffnung immer größerer Teile der Bevölkerung gefördert.

Die Bundeswehr muss sich mittlerweile sogar dem gegen sie gerichteten Einsatz von hochtechnologischen Waffen zur Wehr setzen, die sie selbst mit ins Land gebracht hat. Die internationalen Truppen haben die Gewalt in Afghanistan nicht gestoppt, sondern eher zur Eskalation beigetragen.

Ich frage die Bundesregierung und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages weiter:

Mit welchen Maßnahmen fördert die deutsche Afghanistanpolitik Wege eines innerafghanischen Versöhnungsprozesses?

Was steht einem Waffenstillstandsabkommen in den Provinzen unter deutscher Regie entgegen?

In den letzten Jahren sind von Afghaninnen und Afghanen selbst Friedenspläne erarbeitet worden, die das Schweigen der Waffen und ein selbstbestimmtes Afghanistan zum Ziel haben.

Was tut die Bundesregierung zur Förderung dieser afghanischen Initiativen?

Was ist an grundsätzlicher Umsteuerung erforderlich, um das deklarierte Ziel der Förderung der afghanischen Menschenrechtslage insgesamt und insbesondere der Frauenrechte tatsächlich zu erreichen?

In welchem Verhältnis stehen wirtschaftliche und geostrategische Interessen der Bundesregierung einerseits und die Unterstützung des afghanischen Staatsaufbaus sowie eines unabhängigen wirtschaftlichen Aufbaus des Landes andererseits?

Wann wird eine unabhängige Evaluation des Afghanistanmandats in Auftrag gegeben, die geeignet wäre, die Öffentlichkeit über Wirkungen, Erfolge und Misserfolge des deutschen militärischen und zivilgesellschaftlichen Engagements in Afghanistan zu informieren und daraus für die künftige Außenpolitik zu lernen?

Was tut die Bundesregierung, um internationalen Friedensbemühungen im Sinne des Aktionsplans „Zivile Konfliktbearbeitung“ Vorrang zu verleihen?

Ich ermutige die Bundesregierung, angesichts von Gewalt und Krieg in Afghanistan, der auch unter den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr Opfer gekostet hat und nicht wenige mit einem irreparablen Trauma zurückkehren lässt, das Scheitern des Militäreinsatzes zu bekennen und auf den Weg der zivilen Konfliktlösung zu vertrauen, der neue Perspektiven für die deutsche Afghanistanpolitik eröffnen würde.

Über all diese Fragen müsste bald so offen wie möglich und mit dem Ernst debattiert werden, der dieser tragischen Verstrickung angemessen ist.

Berlin/Fulda, den 10. Dezember 2012

+ Heinz Josef Algermissen

Präsident von pax christi Deutschland

Bischof von Fulda